Polyamore Beziehungen
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Es gab Zeiten, in denen die meisten Paare mit nervösem Kichern und unangenehmen Pausen im Gespräch auf das Konzept der offenen Ehe reagierten. Denn war das Experimentieren mit anderen Frauen oder Männern nicht die Art der sexuellen Erkundung, die den swingenden Hippies der 60er Jahre oder den Schlüsselparty-Paaren der 70er vorbehalten war?
Nun, ja und nein. Seit dem Beginn der sexuellen Revolution in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielen mehr und mehr Menschen mit dem Gedanken an außereheliche Beziehungen, und gelegentlich wird aus dem Gedanken Realität – und zwar mit Zustimmung des Ehepartners!
Der Begriff „offene Ehe“ kann für verschiedene Menschen verschiedene Dinge bedeuten, aber wird in der Regel als Ehe oder feste Beziehung definiert, in der die Partner vereinbaren, dass sie Sexualpartner außerhalb der primären Beziehung haben können, ohne dass dies als Fremdgehen, Ehebruch oder Untreue zu betrachten wäre. Und während es verschiedene Spielarten der offenen Ehe gibt, erfreut sich derzeit insbesondere die Polyamorie wachsender Beliebtheit – der Wunsch, mehr als einen Partner auf einmal zu haben, und zwar mit Zustimmung aller Beteiligten.(1)

Das Zeitalter der Polyamorie
Das Wort „Polyamorie“ setzt sich aus dem griechischen „poly“ („viele“) und dem lateinischen Wort „amor“ („Liebe“) zusammen und bezeichnet einen zunehmenden Trend unter Paaren, die die eingefahrenen Pfade ihres gemeinsamen Liebeslebens verlassen wollen. Während sie den jeweils anderen noch immer lieben und die Stabilität und Sicherheit ihrer Ehe zu schätzen wissen, suchen sie nach größerer körperlicher und emotionaler Erfüllung außerhalb einer möglicherweise inzwischen sexlosen Ehe.
Auch wenn die Polyamorie in der heutigen westlichen Gesellschaft für beide Geschlechter ein eher junger Trend ist, ist sie doch kein neues Phänomen. So war die Monogamie im alten Mesopotamien vor tausenden von Jahren möglicherweise die soziale Norm, doch viele Männer praktizierten Polygyny (Vielweiberei). In einem Artikel auf AlterNet zählt die Autorin Anna Pulley eine Reihe von Fällen in der Geschichte auf, in denen Polyamorie akzeptiert war.(2)
Zum Beispiel hatte Philipp II. von Mazedonien acht Ehefrauen, während der persische König Darius dafür bekannt war, mehrere Ehefrauen und zugleich auch einen „Stall“ von 360 königlichen Konkubinen zu unterhalten! Andere polygyne Gesellschaften finden sich im alten Griechenland, dem Nahen Osten, Hindu-Indien und China. In der chinesischen Provinz Yunnan praktiziert der Mosuo-Stamm „zoo hun“, was soviel wie „wandelnde Ehe“ bedeutet. Im Gegensatz zu unserer Vorstellung von Ehe leben die Paare dabei nicht zusammen und sexuelle Beziehungen sind frei erlaubt, solange sie auf gegenseitiger Zuneigung basieren. Pulley zufolge unterhielten die Bauerngemeinschaften in Nepal einst (und zum Teil vielleicht bis heute) polyandrische Ehen, also Beziehungen zwischen einer Frau und mehreren Männern, weil Monogamie finanzielle Belastungen mit sich bringen kann.(2)

Polyamorie heute
In ihrem neuen Buch „The State of Affairs – Rethinking Infidelity (etwa: Der Stand der Dinge – eine neue Sicht auf die Untreue)“ widmet Beziehungsguru Ester Perel verschiedenen Formen der „einvernehmlichen Nicht-Monogamie“ ein ganzes Kapitel und beschreibt darin einen Weg für Paare, eheliche Stabilität und sexuelle Abwechslung miteinander zu vereinen. Vielleicht sollte man also nicht den einen perfekten Ehemann finden wollen, sondern gleich zwei!
In ihrer im Dezember 2017 im New Yorker erschienenen Rezension von Perels Buch hebt die Autorin Zoe Heller hervor, wie Perel die von ihr so genannten „romantischen Pluralisten“ lobt, die versuchen, unser Bedürfnis nach Sicherheit, Zusammengehörigkeit und Stabilität mit dem Wunsch nach Abenteuer, Autonomie und Abwechslung in Einklang zu bringen.(3)
Im besagten Kapitel geht es auch um die sogenannten Swinger, die sich für das entschieden haben, was der Sexkolumnist Dan Savage als „monogamieartig“ bezeichnet, sowie Ehen, die sich zu Dreier-, Vierer- oder Vielfachbeziehungen entwickelt haben.
Anerkennung beider Partner, dass sie bereit sind, externe Partner in ihre Beziehung einzubeziehen, also ihre sexuellen Beziehungen nicht mehr exklusiv zu gestalten. Aus verschiedenen Gründen beschränkt sich diese Bereitschaft zur „Öffnung“ keineswegs länger nur auf verheiratete Männer, sondern gewinnt zunehmend auch für verheiratete Frauen an Attraktivität. Natürlich kann sich eine solche Öffnung zum Beispiel auch auf bi- oder homosexuelle Männer erstrecken, die polyamor andere Männer suchen.

Dating und Affären im Wandel der Zeiten
Das New York Magazine veröffentlichte einen interessanten Artikel von Alyssa Giacobbe, der beschreibt, dass mehr und mehr verheiratete Frauen außereheliche Beziehungen, ohne die heftigen Konsequenzen fürchten zu müssen, die eine Generation zuvor noch an der Tagesordnung waren. Giacobbe zitiert darin Zahlen des Kinsey Institute der University of Indiana sowie aus der Allgemeinen Sozialstudie 2013 des National Opinion Research Centre, wonach Frauen fast genauso häufig fremdgehen wie Männer und die Zahl der Berichte über untreue Hausfrauen um fast 40 Prozent gestiegen ist.(4)
Sehen wir uns einmal einige der wichtigsten Gründe für diese gesellschaftlichen Veränderungen an.
Sich verändernde Ansprüche an die Ehe
Historisch gesehen heirateten Frauen Männer aus verschiedenen Gründen: aus wirtschaftlichen Erwägungen, um die Stammlinie fortzuführen und zu früheren Zeiten auch um des bloßen Überlebens willen. Heute machen Frauen fast die Hälfte der Erwerbstätigen aus und sie so selbst zu „Ernährern“ geworden. Auch wenn ein inneres Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität bestehen bleibt, stellt die Ehe nicht mehr im selben Maße eine wirtschaftliche Notwendigkeit dar. Stattdessen nimmt der Faktor des persönlichen Wohlbefindens einen größeren Raum ein. Perel zufolge neigen moderne Paare in diesem Zeitalter persönlicher Ansprüche dazu, eher aus Gemeinschaftsgefühl als auch wirtschaftlichen Gründen zu heiraten, und Untreue ist zu einer Form der Selbstfindung geworden.(3)
Leichter Zugang zu diskreten Begegnungen
Die Partnersuche war noch nie so einfach wie heute: Dating-Websites für Verheiratete, Social Media, Dating-Apps, Online-Portale für einsame Hausfrauen oder vernachlässigte Ehemänner, Sexting – all das gehört in unserer Kultur inzwischen zum Alltag. Es gab noch nie so viele Möglichkeiten, auf diskrete und private Weise mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten, wie in diesem technologischen Zeitalter – und sicher wird ihre Zahl weiter zunehmen.
Generationswechsel und Änderung der sexuellen Sitten in der westlichen Welt
Moralvorstellungen in der westlichen Welt ändern sich, und wir genießen eine sexuelle Freizügigkeit, von der unsere Vorfahren nur träumen konnten. Die Institution der Ehe ist uns weiterhin wichtig, aber die Ansichten von Frauen über Ehe und persönliches Glück unterliegen einem seismischen Wandel. Laut Dr. Helen Fishers Werk: „Anatomy of Love: A Natural History of Mating, Marriage and Why We Stay (etwa: Die Anatomie der Liebe: eine Geschichte der Paarung, der Ehe, und der Gründe, warum wir zusammenbleiben“), der ebenfalls in dem oben erwähnten Artikel im New York Magazine zitiert wird, „geht es um die Möglichkeit zur Wahl. Frauen sind sich heute der Alternativen zur Monogamie bewusster und tendieren eher dazu, auf die Befriedigung sämtlicher ihrer Bedürfnisse zu dringen. Grund dafür ist, dass das Glück eine so wichtige Komponente der Ehe ist. Frauen heirateten heutzutage weniger aus der Not heraus, sondern weil sie glücklich sein wollen. Das bedeutet aber auch, dass sie sich berechtigt füllen, anderswo nach der Erfüllung ihrer Bedürfnisse zu suchen, die in der Ehe zu kurz kommen.“ Durch die Ausbreitung polyamorer Beziehungen stehen Frauen zusätzliche Wege offen, die angestrebte Befriedigung zu erhalten, ohne dass sie dafür fremdgehen müssten.
Quellen:
- https://en.wikipedia.org/wiki/Open_marriage
- https://www.alternet.org/sex-amp-relationships/10-surprising-times-history-when-polyamory-was-acceptable
- https://www.newyorker.com/magazine/2017/12/18/in-defense-of-adulterers
- https://nymag.com/betamale/2016/05/women-are-now-cheating-as-much-as-men-but-with-fewer-consequences.html
- https://www.nytimes.com/2017/05/11/magazine/is-an-open-marriage-a-happier-marriage.html
- https://polyinthemedia.blogspot.ca/2017/12/the-new-yorker-reviewing-esther-perels.html
- https://www.livescience.com/27128-polyamory-myths-debunked.html
- https://www.refinery29.com/en-us/2016/08/121109/polyamorous-relationships-open-sex-study
- https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2017/10/why-happy-people-cheat/537882/
Übersetzungen:
- Poliamor (Português)
- Poliamor sitio (Español)
- Poliamory website (English)
- Polyamorie (Deutsche)
- Poliamore (Italiano)
- 多重伴侶 (繁體中文)